Dreifaltigkeitskirche Kaufbeuren

Gerade wurde ihre Außenfassade renoviert - jetzt erstrahlt sie wieder in neuem Glanz: Im Herzen der Stadt Kaufbeuren, in der Kaiser-Max-Straße, liegt die Dreifaltigkeitskirche. Entstanden ist sie 1604 aus dem ehemaligen Wohngebäude des Kaisers Maximilian. Das prunkvolle Gebäude wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrmals verändert und erweitert. So erhielt die Kirche in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die beiden Emporen. Der Turm auf der Ostseite enstand erst im Jahr 1820/21. Bis dahin läutete der Turm der katholischen Kirche auch zum evangelischen Gottesdienst. Auch heute noch ist die Dreifaltigkeitskirche Treffpunkt für die ca. 7.500 Evangelischen in Kaufbeuren und dem dazugehörigen Umland. Jeden Sonntag findet um 10 Uhr Gottesdienst mit festlicher Kirchenmusik statt. HIER können Sie das Glockenläuten der Dreifaltigkeitskirche hören:

Volles Geläut nach der Sanierung - Aufnahme von Josias Fehsenfeld Oktober 2023

Die evangelische Gemeinde braucht eine Kirche
 

Dreifaltigkeitskirche
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Nachdem die Reichstadt im Jahre 1545 die Confessio Augustana als die grundlegende evangelische Bekenntnisschrift angenommen hatte, war Kaufbeuren zu rund 80% evangelisch geworden. Die bis dahin von den Evangelischen benutzten Gotteshäuser, die Spitalkirche und die Liebfrauen-Kapelle, boten der ständigen wachsenden Gemeinde nicht mehr genügend Platz. Daher einigten sich beide Konfessionen 1558, die St. Martins-Kirche gemeinsam zu nutzen, auf ein so genanntes Simultaneum also. Ein Simultaneum kann allerdings nur dann gelingen, wenn beide Seiten die dadurch gezogenen Grenzen respektieren und sich mit den vereinbarten Verhältnissen zufrieden geben – und das war in Kaufbeuren sowohl evangelischer- als auch katholischerseits nicht der Fall. Eine gemeinsame Kirchennutzung wurde vor allem durch die Gregorianische Kalenderreform von 1582 erschwert: Wie die übrigen evangelischen Reichsstände behielt nämlich die protestantische Bevölkerungsmehrheit Kaufbeurens den bisher gebräuchlichen Julianischen Kalender bei, im Gegensatz zur katholischen Minderheit, die den von Papst Gregor XIII. (1572-1585) reformierten Kalender annahm. Das hatte zur Folge, dass in der kleinen Reichsstadt die beweglichen kirchlichen Feiertage konfessionell unterschiedlich gefeiert wurden. Die Auswirkungen auf das Simultaneum kann man sich leicht vorstellen: Am katholischen Karfreitag drosch der protestantische Mesner vor der St. Martins-Kirche sein Getreide – nach seinem Kalender war es ja ein „normaler“ Freitag. Am evangelischen Ostersonntag dauerte wiederum der Festgottesdienst aufgrund der regen Teilnahme am Abendmahl länger als vorgesehen, so dass die katholische Gottesdienstzeit berührt wurde – entsprechende Störungen der Katholiken waren eine Folge. Mit der Zeit wurden die Verhältnisse immer unerträglicher. Schließlich suchte sich jede Seite zur Durchsetzung ihrer Ziele Verbündete außerhalb der Stadt. Den Vorstoß machten die Katholiken, denen die Zeit davonzulaufen schien, schmolz ihr Häuflein doch immer mehr dahin: Im Jahre 1588 gehörten nur mehr zwölf Haushaltungen ihrer Konfession an. Sie baten den Bischof von Augsburg und Herzog von Baiern um Unterstützung. Die evangelische Seite wandte sich an die benachbarten Reichsstädte Kempten, Memmingen und Ulm sowie an den Herzog von Württemberg. Auf bairisches Drängen hin entsandte daraufhin Kaiser Rudolf II. (1576-1612) zwischen 1588 und 1602 mehrere Kommissionen nach Kaufbeuren. Verschreckt von deren Drohungen, gab der mehrheitliche evangelische Rat 1602 schließlich dem Verlangen nach, den Chorraum der St. Martins-Kirche allein den Katholiken zur Verfügung zu stellen, woraufhin sich mehrere hundert Bürger vor dem Weberhaus versammelten, um gegen den Rat zu protestieren. Dieser Tumult wurde vom Kaiser als Provokation bewertet, sodass die Evangelischen auf seine Anordnung hin nun ganz auf die Nutzung der St. Martins-Kirche verzichten mussten. Überdies wurde Kaufbeuren verpflichtet, den Gregorianischen Kalender, das Kennzeichen der katholischen Territorien im Reich, anzunehmen. Als Ersatz für den verlorenen Gottesdienstraum wurde von den Protestanten von der Stadt das ehemalige Kaiserhaus am Markt zugesprochen, das im Jahre 1604 in nur dreißig Wochen zur Dreifaltigkeitskirche umgebaut wurde – noch ohne Turm, denn dazu fehlten die nötigen Mittel.

Dr. Stefan Dieter